Re­li­gö­se Viel­falt

Ex-EKD-Vor­sit­zen­der Hu­ber dis­ku­tiert mit Rats-Schü­lern

An­läss­lich des Ju­bi­lä­ums „500 Jah­re Re­for­ma­ti­on“ war der ehe­ma­li­ge EKD-Vor­sit­zen­de Wolf­gang Hu­ber am Rats­gym­na­si­um zu Gast. Acht The­sen zum The­ma „Re­li­giö­se Viel­falt als Her­aus­for­de­rung“ stell­te er vor 200 Schü­lern zur Dis­kus­si­on.

In sei­nem ein­lei­ten­den Vor­trag spann­te Hu­ber ei­nen wei­ten Bo­gen vom Be­ginn der Re­for­ma­ti­on im 16. Jahr­hun­dert bis hin zur re­li­giö­sen Plu­ra­li­tät der Ge­gen­wart. „Vor hun­dert Jah­ren, zum 400-jäh­ri­gen Ju­bi­lä­um der Re­for­ma­ti­on, wä­re kein Mensch auf die Idee ge­kom­men, re­li­giö­se Plu­ra­li­tät als The­ma her­aus­zu­pi­cken, um die Ak­tua­li­tät der Re­for­ma­ti­on deut­lich zu ma­chen“, er­klär­te Hu­ber. In Deutsch­land herrsch­te weit­ge­hend kon­fes­sio­nel­le Ho­mo­ge­ni­tät, die erst durch die Wan­de­rungs- und Flucht­be­we­gun­gen des Zwei­ten Welt­kriegs auf­ge­bro­chen wur­de. Heu­te sei re­li­giö­se Plu­ra­li­tät zu ei­nem glo­ba­len Phä­no­men ge­wor­den, das auch die christ­li­chen Kir­chen vor neue Her­aus­for­de­run­gen stel­le.

„Das Le­ben in re­li­giö­ser Plu­ra­li­tät stellt an den ein­zel­nen hö­he­re An­for­de­run­gen, sich über die ei­ge­ne Re­li­gi­on Klar­heit zu ver­schaf­fen, zu wis­sen wor­an man glaubt und dar­über auch Aus­kunft ge­ben zu kön­nen“, er­klär­te Hu­ber und be­grün­de­te da­mit die Not­wen­dig­keit des Re­li­gi­ons­un­ter­richts.

Zur fried­li­chen Ge­stal­tung re­li­giö­ser Plu­ra­li­tät ge­hör­ten der staat­li­che Schutz der Re­li­gi­ons­frei­heit und ei­ne „Pra­xis über­zeug­ter To­le­ranz“ zwi­schen den Re­li­gio­nen. Al­le re­li­giö­sen Ge­mein­schaf­ten müs­sen die an den Grund- und Men­schen­rech­ten ori­en­tier­te rechts­staat­li­che De­mo­kra­tie über­zeugt be­ja­hen und mit­ge­stal­ten, so Hu­ber.

Über­zeug­te To­le­ranz

Schü­le­rin Pau­la Viehl mo­de­rier­te die an­schlie­ßen­de Dis­kus­si­on mit den Ober­stu­fen­schü­lern. Sie lei­te­te die Ge­sprächs­run­de mit ei­ner ei­ge­nen Fra­ge ein, in der sie auf den Re­for­ma­ti­ons­ge­dan­ken „So­lus Chris­tus – al­lein Chris­tus“ zu spre­chen kam: „Wenn wir da­von über­zeugt sind, dass der Mensch nur durch den Glau­ben an Chris­tus ge­recht wer­den kann, wie lässt sich dann To­le­ranz le­ben?“ To­le­ranz ent­ste­he als Auf­ga­be nur da­durch, dass Men­schen un­ver­ein­ba­re Po­si­tio­nen ha­ben, ant­wor­te­te Hu­ber. „So­lus Chris­tus be­deu­tet, Gott bin­det sich an Chris­tus, nicht dass die Chris­ten das Recht ha­ben, über al­le an­de­ren Men­schen zu rich­ten.“

Ein wei­te­rer Schü­ler schloss dar­an die Fra­ge an, ob mit dem stei­gen­den An­teil nicht re­li­gi­ös ge­bun­de­ner Men­schen in Deutsch­land (35 Pro­zent) nicht auch das To­le­ranz­pro­blem weg­fal­len wür­de. Hu­ber ent­geg­ne­te dar­auf, dass ei­ne ver­ord­ne­te „Ein­heits­welt­an­schau­ung“ ganz oh­ne Re­li­gio­nen ge­ra­de das Ge­gen­teil von To­le­ranz be­wir­ke. „Das hat­ten wir schon ein­mal, und nie­mand wünscht sich das wie­der.“

Frie­den in der mus­li­mi­schen Welt

In Deutsch­land funk­tio­nie­re die re­li­giö­se Plu­ra­li­tät zwi­schen den christ­li­chen Kon­fes­sio­nen und zwi­schen Chris­ten und Mus­li­men gut, be­merk­te ein Schü­ler. Wie aber kön­ne man auf die mus­li­mi­sche Welt ein­wir­ken, in der un­ter­schied­li­che re­li­giö­se Welt­an­schau­un­gen zu Kon­flik­ten füh­ren? Man dür­fe die­sen Ge­sell­schaf­ten nicht mit ei­nem „über­le­ge­nen Welt­ret­ter-An­spruch“ ent­ge­gen­tre­ten, schick­te Hu­ber sei­ner Ant­wort vor­aus. Die christ­li­chen Kon­fes­sio­nen hät­ten sich selbst sehr lan­ge schwer ge­tan mit der fried­li­chen Ko­exis­tenz. In ei­ner Schlüs­sel­po­si­ti­on se­he er die Mus­li­me, die gut in­te­griert in Eu­ro­pa le­ben und et­was von den gu­ten Sei­ten der eu­ro­päi­schen Le­bens­form – Men­schen­rech­te und Re­li­gi­ons­frei­heit – in ih­re Her­kunfts­län­der kom­mu­ni­zie­ren kön­nen.

NOZ vom 27.10.2017. Au­torin: Re­gi­ne Hoff­meis­ter, Fo­to Claus Adel­ski

150 150 Ratsgymnasium Osnabrück
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